Die kleine Kinder-Tageszeitung
Es war einmal eine kleine Kinder-Tageszeitung aus dem 8. Bezirk, die ein großes Problem hatte.
von Max Mitterer
Niemand interessierte sich für sie. Sie wurde nicht gelesen.
Der Herausgeber der kleinen Zeitung war verzweifelt. Jeden Monat bemühte er sich so viele Themen wie möglich kindergerecht zu bearbeiten und die Zeitung interessant, lustig und bunt zu gestalten, aber die Auflage konnte er einfach nicht steigern. Wenn es so weiter ginge, würde die Produktion der Zeitung eingestellt werden.
Die kleine Zeitung war traurig. Keine Kinderhände, die sie blätterten und keine Kinderaugen, die sie betrachteten. Dabei hatte sie so viel mitzuteilen.
Sie wendete sich also an Briefonkel P. und schilderte ihr Problem.
Sie schrieb ihm von der großen Konkurrenz, vor allem durch digitale soziale Medien. Alle wollten nur noch am Computer lesen. Sogar schon in der Volksschule sollten die Kinder am Computer lesen lernen. Alle wollten so schnell und so viele Informationen wie möglich bekommen.
Aber hat eine einfache Zeitung aus Papier nicht auch ihre Vorteile?
Der Briefonkel überlegte eine Weile. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, ließ sich auf seinem Drehstuhl nieder und begann folgenden Text zu tippen:
„Liebe Zeitung! Ich kenne dich sehr gut und ich muss sagen, dass du sehr gelungen bist. Deine Texte sind absolut perfekt für Kinder. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass es unfair ist zu verlangen, dass deine Auflage gesteigert werden muss, denn dadurch könnte die Qualität nachlassen.
Ich denke, das größte Problem liegt darin, dass in Volks- und Mittelschulen nicht mehr gelehrt wird, wie man mit Zeitungen als Informationsmedien umgeht. Die Welt und unsere Gewohnheiten ändern sich und das ist auch in Ordnung, aber der Gedanke, dass Kinder eh über den Computer lesen lernen können, ist zwar richtig aber deutlich zu kurz gegriffen.
Du fragst mich, welche Vorteile das Lesen Lernen mithilfe von Papierzeitungen hat? Eine Papierzeitung kann man angreifen, man spürt das Papier und muss umblättern. Man kann sie drehen und wenden, etwas mit den Händen hineinschreiben oder unterstreichen, man kann etwas herausschneiden und neu zusammensetzen. Man kann sie auch riechen, und man hört sie rascheln. Man liest und lernt also mit vielen Sinnen, was laut Forschung das Lernen und Erfassen von Inhalten stark unterstützt.
Das Lesen am Computer macht viel schneller müde und man kann sich nicht so lange konzentrieren.
Man lernt also mit einer Papierzeitung leichter und was leichter ist, macht auch mehr Freude.
Vielleicht kann man all das den Menschen einmal deutlich machen.
Wie wäre es mit einem Artikel, der mit den Worten „Es war einmal eine kleine Kinderzeitung, die ein großes Problem hatte“ beginnt?
Ich hoffe, ich konnte dir und deinem Verleger helfen.
Es würde mir sehr viel bedeuten, dich in den nächsten Jahren weiterhin lesen zu können.
Dein Fan, Briefonkel P.