„Ich bin Du“

Das Leben des Malers Herwig Zens und seiner Frau, der Pianistin Gerda Zens, war von Beginn ihrer 60-jährigen Beziehung an eng mit der Josefstadt verknüpft.

Im Juni wäre er 80 Jahre alt geworden, der Josefstädter Druckgrafiker, Maler, Zeichner und Kunstpädagoge Herwig Zens (1943–2019). Dabei nicht zu vergessen: Seine Frau, die Pianistin und Musikpädagogin Gerda Zens (ebenfalls Jahrgang 1943) – sie wurde zwar einige Tage vor ihm geboren, erlebt aber bald in voller Frische ihren 80er. Und immer das Paar Zens: der Maler und die Pianistin. Der eine wäre nicht ohne die andere zu feiern. „Ich bin du“, hat Zens seiner späteren Frau einmal geschrieben. Es ist tatsächlich unmöglich, die Lebens- und Schaffensgeschichte beider voneinander zu trennen. Und diese wiederum ist ebenso eng verknüpft mit der Josefstadt. Den Anfang machte dabei Herwig Zens: Er war immer in Richtung Josefstadt orientiert, hat das Gymnasium in der Albertgasse besucht, später auch einige Lehrer gemalt, als „Schulstangler“ das Albert-Kino und das Café Hummel frequentiert und als Buchausträger der heute nicht mehr existierenden Buchhandlung König gearbeitet, erzählt Gerda Zens.

Von der Elmayer-Tanz-Perfektion zum perfekten Paar

Zusammengeführt hat die beiden dann ein Zufall – in der Zeltgasse 5: Bei einer privaten „Perfektionsparty“ von sechs Paaren der Tanzschule Elmayer war kurzfristig ein Tänzer ausgefallen, Herwig sprang ein und wurde in einer Pause auf das Klavierspiel von Gerda aufmerksam – und beim nächsten Tanz entflammte dann nicht nur das gegenseitige Kunstinteresse … Alles zusammen hat immerhin 60 Jahre (und länger) angehalten – glückliche Jahre, wie Gerda meint – und sie hat den bald schwer herzkranken „Maler des Todes“ ans Leben gebunden – bis zu seinem Tod … Gemeinsam haben die beiden neben ihrer künstlerischen Verwirklichung dann die Josefstadt er- und durchlebt, denn als Paar war ihnen bald klar geworden, dass sie in diesem Kulturbezirk heimisch werden wollten. In der Pfeilgasse 5 bezogen sie eine Wohnung, in der Nähe des Studentenheims. Alte und junge Leute treffen sich hier zum Beispiel ganz locker beim „Wiener Würstelstand“ Ecke Pfeilgasse/Strozzigasse. Aber auch in den Lokalen: „Die haben so etwas Intimes, man fühlt sich darin irgendwie zu Hause“, meint Gerda Zens. „Die Josefstadt ist ein Dorf“, habe ihr Mann einmal gemeint. Gerade richtig für das kommunikationsfreudige Paar.

Ziel: „Immer ein Lokal“

„Wir sind oft am Abend spazieren gegangen (immer mit einem Lokal als Ziel), der Bezirk ist ja nicht zu groß, und haben uns zum Beispiel am Piaristenplatz die Barockfassade der Maria-Treu Kirche angeschaut. Gerne sind wir von unserem Haus ein paar Schritte entfernt zum ,Weißen Engel‘, einem Jugendstillokal Ecke Lerchengasse, gegangen oder hinunter in das Doderer-Lokal ,Zur Stadt Paris‘. Auch beim Heurigen in der Piaristengasse sind wir eingekehrt – im Nebenhaus hat meine Mutter gewohnt und sie konnte uns so gelegentlich vom Fenster aus beobachten.“

Sie haben Künstler getroffen aus der Akademie am Schillerplatz, wo Herwig Zens später als Professor für bildnerische Erziehung gewirkt hat, oder aus seiner Zeit als Gymnasialprofessor in der Hegelgasse 12 – alles Menschen, „auf die er mit seiner unkomplizierten Lebensart und Lebensfreude einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat“, so sein einstiger Schüler Johann Hacker. „Wir haben es nie bereut, in die Josefstadt gezogen zu sein“, sagt Gerda Zens voller Überzeugung.

Übrigens: In zwei Radierungen hat Herwig Zens die Josefstadt „verewigt“ – jeweils in einer Ansicht der Pfeilgasse und der Kirche Maria Treu. Doch Zens strahlt auch in die Zukunft: Sein Werk „An der schönen blauen Donau“ ziert bereits die Website für das Johann-Strauß-Jahr 2025 in Wien.

 

Der Künstler

1987 wurde Herwig Zens als Professor an die Akademie der bildenden Künste in Wien berufen, wo er seit 1975 einen Lehrauftrag hatte. Bis 2006 war er als Vorstand des Instituts für das künstlerische Lehramt tätig.

Zens schuf über tausend Zeichnungen, Radierungen, Ölbilder und druckgrafische Werke, die er in über 100 Einzelausstellungen in Europa und den USA präsentierte. 2011 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. 2021 wurde in der Inneren Stadt der Herwig-Zens-Platz nach ihm benannt.

▶ Zum Nachlesen: Gerda Zens (Hg.): „Zens persönlich. Ein Skizzenbuch“ und „Zens wienerisch. Wien – Zens – Tod“. Edition Sonnenaufgang, Wien 2022

Collage aus einem Foto eines älteren, grauhaariger Mannes mit Brille im dunklen Sakko - er schaut leicht wehmütig schräg nach vorne UND: Moderne Kunst: gemaltes Portrait

© Karl Dworschak (Foto); Landessammlungen NÖ

 

Ausstellungen
Das Monster ist geglückt

Herwig Zens, das radierte Tagebuch: Von 1977 bis 2019 zeichnete Herwig Zens mit der Radiernadel auf Kupferplatten ein Tagebuch in Wort und Bild. 2005 ließ er die ersten 28 Jahre in einem Stück auf dickes Aquarellpapier drucken. Das überwältigende Druckwerk gilt heute als längste Radierung der Welt. Eine kleine Schau widmet sich anlässlich der Schenkung durch Frau Zens diesem ungewöhnlichen Druckkunstwerk.

▶ Bis 29/Mai/2023. Kunsthistorisches Museum, Bassano-Saal. www.khm.at

80 Jahre – 80 Bilder

Anlässlich des 80. Geburtstags von Herwig Zens findet eine Auktion in Kooperation mit Sotheby’s Austria statt. Da ihm künstlerische und menschliche Bildung stets ein Anliegen waren, werden mit dem Ertrag in seinem Sinne junge, noch nicht auf dem Kunstmarkt etablierte Künstler:innen gefördert.

▶ 15/Nov/2023. Kleine Galerie. 3., Kundmanngasse 30, www.kleinegalerie.at

Zens: Goya, Schubert und Frohner

Die Ausstellung in der Landesgalerie Niederösterreich anlässlich des 80. Geburtstags von Herwig Zens eröffnet in Malerei, Zeichnung und Druckgrafik einen Kosmos an Themen, mit denen er sich jahrzehntelang konsequent beschäftigte. Dazu zählen sein „Radiertes Tagebuch“, der spanische Maler Francisco de Goya (1746–1828), der Tod und der Komponist Franz Schubert (1797–1828).

Das Forum Frohner widmet Zens ebenfalls eine Schau. In „Und der Tod lacht mit“ treffen seine Radierungen zum Thema Tod und Vanitas auf Arbeiten von Adolf Frohner. Die Ausstellung zeigt sowohl dramatische als auch humorvolle Höhepunkte aus dem grafischen Schaffen beider Künstler.

▶ 04/Nov/2023–14/Apr/2024. Landesgalerie Niederösterreich. Museumsplatz 1, 3500 Krems an der Donau. www.lgnoe.at

▶ 04/Nov/2023–01/Apr/2024. Forum Frohner. Minoritenplatz 4, 3500 Krems-Stein www.forum-frohner.at

 

▶ Hören Sie das Gespräch mit Gerda Zens in unserem derAchte Podcast: www.derachte.at

Ausgabe 01/2023