Mit einem Lächeln unter der Maske

Wie haben die Gastronominnen und Gastronomen in der Josefstadt den Lockdown erlebt? Wir haben uns umgehört! Eines scheint allen gemeinsam: Sie lieben ihre Profession und trotz des Damoklesschwerts, das über ihnen schwebt, blicken alle voller Freude und Optimismus in die Zukunft.

 

Voller Tatendrang

Mit meinem Kaffeehaus habe ich mir einen Traum erfüllt. Dieser ist die letzten zwei Monate etwas ins Wanken gekommen.

Wer hätte sich denn vorstellen können, dass ein Virus unser Leben von einem Tag auf den anderen so grundlegend ändert? Mein Lager und auch mein Bestell- und Reservierungsbuch waren ja voll.

Was passiert da? Wie geht es meiner Großmutter? Kann ich im Pyjama in den Billa? Wie geht es weiter und wann? Ganz ehrlich: ein Albtraum! Aus dem Härtefallfonds habe ich 500 Euro bekommen.

Trotzdem war Corona für mich auch eine Zwangspause. Ich arbeite schon mal 14, 15 Stunden am Tag. Plötzlich konnte ich ausschlafen und hatte Langeweile. Ich konnte die Zeit zu Hause genie- ßen, meine Freundinnen vermissen und Sehnsucht nach allem ha- ben, das nichts mit mir und meiner Wohnung zu tun hat. Ich habe die Liebe zu meinem Beruf neu entdeckt.

Weil VIOLA zum Glück auch eine Konditorei ist, konnten wir schon früh wieder mit einem eingeschränkten Gassenverkauf starten. Ich war so nervös! Kommt überhaupt jemand? Und dann war da plötzlich eine Schlange auf dem Gehsteig! Das hat mich umgehauen. Man hat richtig gemerkt, wie schön es für die Gäste ist, sich ein Stück Normalität mit nach Hause zu nehmen. Und auch für mich war es wichtig, aus meiner Wohnung rauszukommen. Unsere Gäste haben uns viel Mut gemacht und Hoffnung gegeben — auch für die kommenden Monate.

Auch die Plattform „Vorfreude kaufen“ hat mir gezeigt: Es gibt echten Zusammenhalt. Jetzt hoffe ich auf einen guten Start. Wir haben zwar weniger Tische und alle Hochzeitstorten wurden stor- niert. Aber ich bin optimistisch, ausgeschlafen, voller Tatendrang und voll Vorfreude!

▶ Viola Bachmayr-Heyda
Konditorei Viola: Strozzigasse 42, +43 664 75442881, viola@viola.wien , www.viola.wien, Mi 9–22h, Do–Sa 9–18h, So 10–14h (nur to go)
Jeden Mi Afterwork-Party bis 22h. Mo, Di+Fei geschl.

 

Kämpfen mit aller Kraft

Im Herzen der Josefstadt, Lange Gasse 61, befindet sich mein entzückendes kleines Lokal: das „Restaurant & Weinbar BOLENA“ mit einer angrenzenden 80er-Jahre-Disco, die für exklusive Feiern gebucht werden kann. Mein Team und ich haben uns in den letzten sechs Jahren mit viel Engagement zwei Falstaff-Gabeln und ein treues Stammpublikum „erwirtschaftet“ – darauf sind wir sehr stolz.

Der Shutdown war ein harter Schlag für uns – sowohl für mei- ne Mitarbeiter, die zum Großteil vom verdienten Trinkgeld leben, als auch für mich als Inhaber, der von einem Tag auf den anderen nur mehr Kosten, aber keine Einnahmen mehr hatte. Umso mehr, als es mir ein Anliegen war, meine Mitarbeiter in Beschäftigung zu halten – sie sind ein toll eingespieltes Team und Teil meiner erweiterten Familie. Ich habe sie in der schwierigen Zeit finanziell und bei den bürokratischen Notwendigkeiten so gut es ging unterstützt.

Das war umso herausfordernder, als sämtliche Buchungen im Partyraum – ein fixer und notwendiger Einnahmen-Posten – storniert wurden und bis auf Weiteres auch keine Reservierungen möglich sind. Kurzfristig standen wir vor dem Nichts – nun dürfen wir, in eingeschränktem Ausmaß, zumindest das Restaurant wieder öffnen.

Im BOLENA, das ich nach meinem Uni-Abschluss im Alter von 24 Jahren eröffnet habe, steckt mein ganzes Engagement. Ich bin mit Leib und Seele „Gastgeber“ und hoffe sehr, dass ich meine Leidenschaft bald wieder in vollem Umfang – auch in der Disco – ausleben kann. Aber noch ist vieles ungewiss und unser Überleben noch nicht gesichert.

Doch wir lieben unsere Arbeit und kämpfen mit aller Kraft! An dieser Stelle auch ein lautes „Danke“ an unsere großartigen Gäste – wir haben euch vermisst! Umso mehr legen wir uns ins Zeug, um euch nun wieder kulinarisch – und mit einem Lächeln unter der Maske – zu verwöhnen! Bis bald!

▶ Dominik Bolena
Bolena: Lange Gasse 61. Di–Sa 18–23h. bolena@bolena.at, www.bolena.at. +43 664 2108518 oder +43 1 4050370. www.fb.com/Bolena.Restaurant.Weinbar.Partyraum

 

Die Hummel durch die Krise

Mittwoch, 26. Februar 2020, die Polizei sperrt vis-à-vis die Straße ab. Das anfänglich noch weit weg scheinende Coronavirus war plötzlich in der Josefstadt in Wien gelandet! (Anm.: Verdachtsfall am Gymnasium Albertgasse)

Seit 85 Jahren gibt es unser Cafe, ich führe es seit 2005 in dritter Generation, doch zusperren musste es bis dato nur für Umbauten.

Vier Wochen lang wusste ich nicht, ob das Cafe Hummel jemals wieder seine Türen öffnen wird. Die Hausbank brauchte viele Unterlagen und die Unterstützung der Regierung ist leider noch immer nicht eingetroffen!

In Krisenzeiten erkennt man sein wahres Ich und was alles in einem steckt. Nach anfänglicher Panik und Existenzangst konnte ich meine kreative und kämpferische Natur wieder wecken. Ich gründete eine WhatsApp-Gruppe mit 60 Gastronomen und startete diverse Imagekampagnen. Zum Beispiel eine Fotocollage all meiner Kollegen mit dem Slogan „Rettet die Gastronomie, sonst stirbt das Herz unserer Kultur“ oder den 1. Wiener Sessel Flash- Mob am Heldenplatz #leerestühle.

Ich gründete eine Einkaufsgemeinschaft für Schilder und wir drehten ein Musikvideo. Für mein Cafe habe ich erstmals in seiner Geschichte einen Lieferservice im Herzen der Josefstadt in Gang gebracht, alles unter dem Motto: „Ihr Ober bringt’s persönlich.“

Täglich sage ich mir vor dem Schlafengehen: Tina, du wirst als Gewinnerin aus dieser Krise emporsteigen. Zumindest gibt es uns noch und wir blicken positiv in die Zukunft. Was auch immer passieren wird, mein Team und ich stellen uns den neuen Herausforderungen.

▶ Christina Hummel
Cafe-Restaurant Hummel: Josefstädter Straße 66.
Mo–Fr 7–23h, Sa–So 8–23h. +43 1 405 53 14, www.cafehummel.at, fb: www.facebook.com/cafe.hummel

Licht am Ende des Tunnels?

Der Poetry Slam der Kuriositäten – nein, das ist nicht die Zusam- menfassung jüngster Pressekonferenzen oder der kleinste gemein- same Nenner der Analysen selbst ernannter Corona-Experten, sondern hier handelt es sich um die letzte Veranstaltung, die auf unserer Kellerbühne stattgefunden hat. Fast drei Monate ist das nun her und alle Facetten irgendwie möglicher Gefühlsregungen haben wir seitdem durch: von Zuversicht bis Verzweiflung, von Resignation bis Euphorie. Letztere stellte sich ein, als die Abendsonne nach getaner Arbeit auf unseren frisch aufgestellten Schanigarten fiel – kaum vorzustellen, dass hier wieder Gäste sitzen werden, wäh- rend unser Lokal noch immer so gespenstisch leer auf etwas Leben wartet. Oder als uns der Anruf mit der ersten Take-away-Bestellung erreichte. Es wird gehen, es muss irgendwie gehen.

Können wir bei euch auftreten? Bleibt es bei unserem Konzerttermin? – Wir hätten diese Fragen am liebsten laut bejaht, stattdessen mussten wir bis in den Mai hinein über 80 Veranstaltungen absagen: vom Mal-Workshop bis zur Stand-up-Comedy, von der Open Stage bis zum Konzert von Maria Bill. Und jetzt? Werden wir es schaffen? Unser Team ist fest davon überzeugt, unsere Künstler und Künstlerinnen stehen in den Startlöchern, die Bühnentechnik ist auf Vordermann gebracht und die Bierfässer sind wieder angeschlossen. Aber ohne die angekündigte finanzielle Hilfe werden wir es nicht stemmen können – und auf die warten wir leider immer noch.

▶ Hans Litsauer
Tunnel Vienna Live: Florianigasse 39. Mo–Sa 9–23h, So 9–23h. www.tunnel-vienna-live.at


Ausgabe 02/2020