Offene Ateliers: Next Generation

Zum zehnten Mal heißt es von 17. bis 19. September:  „Auf die Türen – rein ins Atelier!“, um einen Blick hinter die Kulissen des Kunstschaffens im Bezirk zu werfen.

von Mag. Elisabeth Hundstorfer

Das Atelierrundgang-Event „im Achten herum“ bringt 2021 viel Neues und Überraschendes. Heuer kam es zur Ablöse des langjährigen Organisator:innenteams rund um den Kulturverein Freundinnen und Freunde der Josefstadt, Libuša und Walter Kanov. Ihre engagierte Arbeit samt niederschwelligen Zugang zu den Künstlerinnen und Künstlern in der Josefstadt wird nun von einem jungen Team aus der aktuellen heimischen Kunstszene weitergeführt.

 

Die Leitung und das Design für die Veranstaltung „im Achten herum“ übernimmt dieses Jahr Rosa Spitzer. Die studierte Kultur- und Sozialanthropologin ist Grafikerin und konnte mit Anna Weilguny, Lukas Gallée, Christoph Zellhofer und Alica Ouschan ein großartiges Team für das unverzichtbare Kulturevent gewinnen. Der Ausblick auf das Konzept ist vielversprechend und die Weichen sind auf Zukunft gestellt.

Bereits am Freitag, dem 17. September, findet im Volkskundemuseum das obligate Eröffnungsevent mit einem bunten Programm statt. Alle Teilnehmenden der Atelierrundgänge haben wieder die Möglichkeit, ihre Arbeiten im Museum auszustellen. Bei der Eröffnung werden unter anderem die junge Künstlerin Magdalena Spinka und Lukas Androsch unter dem Namen „der Lux“ den Saal des Volkskundemuseums mit Musik erfüllen. Neben dem Museum öffnet am Samstag und Sonntag „die Schenke-Geldlos“ in der Piaristengasse 33 ihre Tore als Ort der solidarischen Begegnung und Kommunikation. Eine musikalische Sensation wartet am Samstag mit dem Ausnahmekünstler Synesthetic IVO, weiters kann man sich auf die Deutsch-Pop-Soul-Künstlerin Lydia freuen. Neben den musikalischen Klängen gibt es erstmals eine Performance einer dreiköpfigen Künstler:innen-Gruppe von der Musik- und Kunstuniversität der Stadt Wien (MUK). Genaue Orte und Zeiten stan- den bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

„Das Event ,im Achten herum‘ 2021″ soll einerseits nach außen hin die Vielfalt der lokalen Kunstszene repräsentieren und gleichzeitig sowohl kunstbegeisterten Menschen als auch Anwohner:innen und Freund:innen der Josefstadt einen offenen und freien Zugang zur heimischen Kunst ermöglichen“, so die Eventverantwortliche Rosa Spitzer.

Generationenübergreifend ist der Ansatz des neuen Teams, und das spiegelt sich auch in den ausstellenden Künstler:innen wider. So werden erstmals Werke von Theresa Katharina Horlacher, Carli Fridolin Biller und Marco Kleebauer zu sehen sein – neben altbe- kannten Teilnehmer:innen wie beispielsweise jenen Künstler:in- nen, die ihre Ateliers in der Pfeilgasse haben, etwa Lisa Est oder Udo Hohenberger mit Sylvia Fischer. Das Atelier Hawy Rahman in der Strozzigasse kennt man vielleicht vom Vorbeigehen, ebenso wie Harald Ergotts Atelier, das sich seit seit rund einem Jahr in der Albertgasse befindet. Charlotte Armao, Franz Stierschneider, Anneliese Lammerer, Helmut Pokornig, Silvia Wichtl, Jagoda Lessel und Ilse Chlan sind im Volkskundemuseum zu sehen. Immer ein Erlebnis ist es, bei Ulli Klepalski im Atelier vorbeizuschauen. Hier eröffnet sich die wunderbare Welt einer der vielseitigsten Künstler:innen der Josefstadt.

▶ Info: im Achten herum. Der Atelierrundgang startet am
17. September 2021 um 19 Uhr im Volkskundemuseum.
8., Laudongasse 15–19. Neben dem Volkskundemuseum öffnen viele kleine Ateliers im 8. Bezirk am Samstag und Sonntag ihre Tore. http://im-achten-herum.at

 

Lisa Est, die ihr Atelier seit 20 Jahren in der Josefstadt hat, ist ohne Zweifel eine der spannendsten Künstler:innen Österreichs. Sie begann erst relativ spät, sich regelmäßig ihrer künstlerischen Arbeit zu widmen. Nach drei Kindern und großem Engagement, in den 1970er-Jahren alternative Kinderbetreuung und Schulformen auf die Beine zu stellen, wendete sie sich verstärkt ihrem künstlerischen Schaffen zu. Die renommierte Künstlerin Linde Waber wurde zu ihrer Förderin und Mentorin. Bald folgte eine rege Ausstellungstätigkeit. Das Atelier der vielseitigen Künstlerin in der Pfeilgasse ist ein Ort voll mit wunder- baren Werken und Utensilien.

Auf ihrer Homepage schreibt sie:
„Beim Zeichnen nehme ich mir alle Freiheiten – Szenen werden be- wusst konstruiert – montiert – Reales mit Möglichem – bis hin zur Verschmelzung von Identitäten, Formen, Raum und Zeit. In allen Bereichen meiner Arbeit – Zeichnung, Schlagzeilengrafiken, Objekte, Animationsfilme – thematisiere ich den menschlichen Körper und seine Ausdrucksmuster. Frei nach Peter Handke gilt für mich: ,Alles, was herausgefunden werden kann, wird allein herausgefunden.‘
,All – ein‘: der einzelne Mensch, das ,Ich‘ – setze ich immer in Be- ziehung zur Gesellschaft, zum Gegenüber, zum ,Du‘. Paar?  Verbrü- derung oder Verschwörung? Wer zu sehen ist, was zu sehen ist: freie Phantasie oder bestimmt durch die eigene Prägung, die eigene Ver- haltensweise den Themenfeldern gegenüber.“

2008 startete die Autodidaktin ihr Projekt „Neun-Neun“: Über neun Monate entstanden täglich neun Zeichnungen – insgesamt 2.466 kleinformatige Werke, die Lisa Est regelmäßig einscannte. Martin Anibas, selbst ein großartiger Künstler, – er leitet seit 2002 mit seiner Frau die Galerie Blaugelbezwettl –, war ein wichtiger Wegbereiter für Lisa Est. Ohne sie zu informieren, reihte er ihre Bilder aneinander – und ihr erster Kurzfilm (6,5 Minuten) war geboren. Unter dem Titel „Neun-Neun“ wurde er 2009 in Zwettl uraufgeführt. Seitdem entsteht jedes Jahr ein neuer Kurzfilm – gezeichnet von Lisa Est.

Aber auch ihre Ausstellungstätigkeit ist bemerkenswert und spannt sich von Wien über Bratislava und Paris bis Tokio. Neben Zeichnungen, Druckgrafiken, Installationen und Objekten wie den „Medialen Göttinnen“ (aus Zeitungspapier) ergänzen gehäkelte Frauenfiguren – nach dem Vorbild des vitruvianischen Menschen von Leonardo da Vinci – ihr vielfältiges Schaffen.

Atelier Lisa Est: 18+19/09/2021, 15–18h. 8., Pfeilgasse 43/Stg.1/4.Stock/Tür 32 www.lisa-est.at

short cuts

Lisa Est – Ausstellungen

Eine künstlerische „Wiedergeburt“ erlebt die ehemalige Semmelweis-Klinik im 18. Bezirk von 7. bis 12. September 2021 mit der Kunstmesse „Parallel Vienna“. Zu sehen ist unter anderem eine gemeinsame Arbeit von Lisa Est und Linde Waber für das feministische Projektstatement „Freischwimmen“ der IntAkt – Internationale Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen.

Danach ist Lisa Est von 27. September bis 3. Oktober 2021 im Rahmen der Schau „Watergate – Brücke zur Kunst“ in der Alten Schieberkammer im 15. Bezirk mit ihrem Objekt „pars pro toto“ vertreten.
▶ www.intakt-kuenstlerinnen.com

Lisa Est – Film

Dank Martin Anibas gehört die Galerie Blaugelbezwettl zu den renommiertesten Ausstellungshäusern Österreichs. Das qualitätsvolle Programm in der Propstei Zwettl wird mit ebenso anspruchsvollen Kulturveranstaltungen wie Konzerten und Lesungen ergänzt. Seit der Eröffnung 2002 gibt es auch die Lange Nacht des Films. Lisa Ests erster Film „Neun-Neun“ wurde 2009 in Zwettl uraufgeführt. Heuer erlebt im Rahmen der Langen Nacht des Films ihr neuer Animationsfilm „ECCE“ seine Uraufführung. Man darf gespannt sein.

www.blaugelbezwettl.com

Skizzenbuch

Marco Kleebauer, Leyya-Musiker und gefragter Produzent von Acts wie Bil- derbuch, füllt in der Regel Konzertsäle und räumt europaweit Musikpreise ab. Der gebürtige Oberösterreicher wohnt in der Josefstadt und stellt im Volkskundemuseum erstmals seine Werke aus. Im Corona-Jahr 2020 griff er weniger zu Instrumenten, sondern zu Skizzenbuch, Zeichenstift und Pinsel. „Es soll sozialkritisch sein, aber auch leicht und lustig. Warum ich da viel mit Schrift gearbeitet habe, weiß ich gar nicht. Das kommt einfach so raus“, sagte er gegenüber dem „Kurier“ anlässlich der Präsentation seines Buches „Twentyfour Sad Faces“ im Sommer.

Josefstadt Kalender 2022

Auch Werke von Helmut Pokornig sind im Rahmen der Atelierrundgänge „im Achten herum“ im Volkskundemuseum zu sehen. Meist mit einem Schuss Humor versteht es Pokornig, den/die Betrachter:in immer wieder zu überraschen. Er gehörte auch während Corona zu den produktivsten Josefstädter Künstler:innen. Im vergangenen Jahr entstand ein Kalender mit Motiven aus der Josefstadt, der am 17. November im Zuge einer Vernissage mit den Originalbildern im Amtshaus am Schlesingerplatz präsentiert wird. Die Acrylbilder sowie den Kalender kann man käuflich erwerben. Der Kalender in der Größe A3 wird 24 Euro kosten.

www.jatiki.at


Ausgabe 03/2021