Qualität ohne Abstriche

Wer vom Online-Handel und Kaufhaus-Gewimmel müde geworden ist, für den ist die Josefstädter Straße wohl Balsam für die Seele.

Von Sophia Coper

Geschäft neben Geschäft lädt zum gemütlichen Schaufensterbummel ein und falls schmerzende Füße einem Spaziergang in die Quere kommen, ist die Bim schon zur Stelle.

Steigt man an der Haltestelle Lederergasse aus, ist der Weg zu Torland nicht mehr weit. Wagemutig in der kleinen Lockdownpause im Dezember 2021 eröffnet, hat sich das Jeans- und Bekleidungsgeschäft mittlerweile in das Getümmel der Hauptader der Josefstadt eingelebt. Trotzdem verrät die schlichte Fassade nicht sofort, was sich alles hinter den Türen versteckt. Treten wir also ein.

Sascha Hümbeli steht freudig strahlend neben der Kassa und ist nach den ersten Satzfetzen direkt beim Du. Ursprünglich aus der Schweiz, verschlug ihn die Liebe nach Wien – und als wäre der Umzug nicht genug, wurde flugs mit seiner Partnerin ein Unternehmen gegründet: die Jeansmarke Torland. Ein weiteres Bekleidungsgeschäft unter vielen also? Ja und nein. Die Idee ist es, gut sitzende Jeans nach nachhaltigen Standards zu produzieren und besagte Nachhaltigkeit nicht nur aufs Etikett zu schreiben, sondern entlang der gesamten Lieferkette konsequent zu verfolgen. Rund 80 Prozent der angebotenen Produkte sind mit dem GOTS-Zertifikat (Global Organic Textile Standard) ausgestattet.

zwei Frauen und ein Mann

Torland-Team

Hümbeli war es wichtig, nicht in Asien produzieren zu lassen, die Transportwege nach Europa sollten möglichst kurz sein. Nun wird in der Türkei genäht, die Werkstätten vor Ort werden im Jahresturnus vom GOTS zertifiziert und auch das Torland-Team fährt regelmäßig vorbei, um sich einen Eindruck von Produktion und Arbeitsbedingungen zu verschaffen. Auch in der Josefstadt versucht man den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Jeans können zum Flicken vorbeigebracht und – wenn alle Nähte geplatzt sind – im Laden abgegeben werden.

Und wer steckt dahinter? Sascha Hümbeli studierte Ende der 1980er-Jahre Umweltwissenschaften an der ETH Zürich, nach dem Abschluss holte ihn jedoch die damalige Realität ein und er landete in der Finanz- und Versicherungsbranche.

Torland verbindet seine karrierebedingten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse mit dem Idealismus seiner Jugendjahre. Und warum gerade ein Jeansunternehmen? Er war pragmatisch. „Ich vergleiche gerne Jeans mit Brot. Bäcker braucht jeder.“ Nichtdestotrotz ist wie bei den meisten jungen Unternehmen der Weg noch recht holperig. Um zu helfen, diese Straße zu pflastern, gibt es für zufriedene Kund:innen die Möglichkeit, die Firma auch über einen Einkauf hinaus zu unterstützen. Gemeint sind keine Spenden, sondern gewährte Darlehen in Höhe einer selbst gewählten Summe, deren Verzinsung jährlich in Form von Geld oder Warengutscheinen an die Geber:innen zurückfließt.

Nach einer Stunde Gespräch führt Sascha Hümbeli noch stolz durch den Laden und stellt uns seine Mitarbeiterin Maria vor. Draußen ist die Hitze so bleiern, dass man sich dann doch für die ausgelegten T-Shirts als die langen Jeans („Natürlich gibt es auch Shorts!“) interessiert. Und doch zeigen die bei 35 Grad schwitzenden Menschen vor der Tür ganz eindringlich, warum es vermehrt Geschäfte wie Torland geben muss: Nachhaltigkeit sollte nicht als nettes Beiwerk, sondern als Selbstverständlichkeit angesehen werden. In der Josefstädter Straße 35 ist man bereits eifrig dabei.

▶ TORLAND Store. 8., Josefstädter Straße 35. +43 1 4029707. torland-jeans.com

Ausgabe 03/2022